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Mit dem Agilen Unternehmen zu unfairen Wettbewerbsvorteilen.

Als ich vor ein paar Monaten einen Artikel zum Agilen Unternehmen schrieb, dachte ich eigentlich nicht, dass dieser ein so großes Echo auslöst. Das tat er aber. In unzähligen Gesprächen musste ich weiter erläutern, was wir darunter verstehen, wie das funktioniert und vor allem wie man als traditionell organisierte Unternehmung in diese Richtung gehen könnte. Mir wurde auch bewusst, die Unzufriedenheit mit konventionellen hierarchischen Organisationsmodellen ist ziemlich groß. Mit diesem Artikel möchte ich beleuchten, dass das Agile Unternehmen auch eine ganze Reihe wirtschaftliche Vorteilen bietet.

(Lesedauer: 4 Minuten)

Entscheidungsqualität

Agile Unternehmen sollten so viel wie möglich auf Selbstorganisation setzen. Dies tut man typischerweise, in dem man in der Belegschaft Team bildet. Ein Team ist immer eine Gruppe von Leuten, welche zusammen gewisse Bereiche abdeckt. Zum Beispiel für einen Kunden arbeitet oder einen Teil der Produktion erledigt. Teams sollten typischerweise nicht grösser als 10 und nicht kleiner als 4 Personen sein. Entscheidungen sollten wenn immer möglich in diesen Teams gefällt werden.

Das heißt, von den Leuten, welche konkret an den Dingen arbeiten, die einen Entscheidungszwang herbeiführen. In traditionellen Unternehmen werden je «wichtiger» solche Entscheidungen werden, diese an eine hierarchisch höher gelegene Stufe weitergegeben. Theoretisch sollte dieser Vorgesetzte sich nun in die Materie einarbeiten, Input holen und dann eine Entscheidung fällen.

In der Praxis geschieht das leider meist ganz anders. Der Vorgesetzte hat derart viel auf dem Tisch, dass er leichtfertig, sprich ohne eingehende Abklärung, eine Entscheidung fällt. Oft hat er auch das Gefühl, dass er das kann. Sei es aus Erfahrung oder weil er eben der Vorgesetzte ist. Für die Untergebenen ist das ziemlich bequem. Sie können heikle Dinge einfach von sich schieben und, auch oft beobachtet, sie werden es mehr und mehr tun, wenn der Vorgesetzte relativ schnell entscheidet. Ein Modell das systematisch falsche Resultate produziert.

Schnelle, meist falsche Entscheidungen

Ich habe in meiner Laufbahn tausende solche Entscheidungen gefällt und ich behaupte einmal ich hatte in 70% der Fälle keinen wirklichen Plan, um was es ging. Natürlich dachte ich das zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht.

Vielmehr habe ich in den letzten Jahren gelernt, dass Teams schlicht und einfach die besseren Entscheidungen fällen. Wenn heute jemand an meinem Tisch auftaucht und eine Entscheidung von mir verlangt, frage ich ihn meist zuerst, warum er denn denkt, ich könne das entscheiden. Hatte ich mich z. Bsp. die letzte Woche mit dem Problem auseinandergesetzt? Hatte ich mit dem Kunden gesprochen? Kannte ich die Auswirkungen der Entscheidung? Ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen, aber in all das müsste ich mich praktisch sofort einarbeiten. Das kostet Zeit und kann ich nie in nützlicher Zeit in selbem Masse machen wie die Teammitglieder, die sich damit ja schon länger auseinandersetzten.

Also mache ich es auch nicht. Wenn ich Entscheidungen fällen muss, einzig und allein weil ich der Vorgesetzte bin, kann ich sachlich eigentlich nichts dazu betragen. Anders sieht es aus, wenn ich angefragt werde, meine Erfahrung in einem Bereich einzubringen. An der Entscheidungsfindung Teil zu haben. Den Teams zu helfen, zu einer Entscheidung zu kommen.

Ich glaube, dass eine Gruppe von Menschen, die sich mit einem Problem auseinandersetzen, mögliche Lösungen kontrovers diskutieren, unter dem Strich zu besseren Entscheidungen kommen als ein Individuum. Bessere Entscheidungen wiederum bedeuten bares Geld für das Unternehmen.

Das Märchen von der Top-Down-Kontrolle

Ins Feld geführt wurde in den Gesprächen auch immer, dass es doch sehr schwierig sei, im agilen Unternehmen Mitarbeiter zu kontrollieren. Zum einen halte nicht so viel von Kontrolle der Mitarbeiter. Entweder vertraue ich ihnen und weiß, dass sie gute Arbeit machen oder aber ich habe Kinder angestellt. Kinder muss man kontrollieren, dass sie nicht in ihrem Zimmer Kerzen anzünden, Papas Auto zu Schrott fahren oder die Nachbarskatze quälen.

Mitarbeiter sollte man nicht kontrollieren müssen. Zudem, die unzähligen Beispiele in der Finanzbranche zeigen, dass gerade die traditionelle Kontrolle fundamental versagt. Anders lassen sich diese krassen Vergehen und Schäden nicht erklären.

Sind die Mitarbeiter in Teams organisiert und arbeiten sie gemeinschaftlich, entsteht was ich soziale Selbstkontrolle nenne. Die Gruppe kontrolliert sich sozusagen selber und regelt Differenzen innerhalb des Teams. In den allermeisten Fällen funktioniert das, wenn es nicht funktioniert, fällt das Team auseinander. Das ist gewissermaßen eine Sollbruchstelle.

Weg mit dem Mittelmanagement

Funktionieren die Teams in dem Masse, wie ich es im vorübergehenden Abschnitten beschrieben habe, benötigt man auf einen Schlag viel weniger Leute im Management. Sprich das ganze Mittelmanagement kann man getrost weglassen.

Das Mittelmanagement ist sowieso eine für das Unternehmen gefährliche Zone. Meist werden jene Mitarbeiter ins Mittelmanagement befördert, die sich besonders um interne Politik und Vorgesetzte gekümmert haben. Und es braucht schon einiges, um in dem Bereich gute Personalentscheidungen zu fällen. Und entsprechend schlecht läuft es. Ich erlebe in Unternehmen nirgends so viel Unproduktivität bei gleichzeitig so viel heißer Luft wie in diesen hierarchischen Mittelschichten.

Typischerweise sind aber genau jene Mitarbeiter relativ teuer. Streicht man diesen Layer komplett raus, kann man einen erheblichen Kostenvorteil generieren. Clevere Unternehmer finanzieren mit einem Teil dieser Ersparnis höhere Saläre für die Team-Mitarbeiter.

Funktioniert das auch in großen Unternehmen: Sehrwahrscheinlich schon

Vor 3 Jahren habe ich in Gesprächen oft gehört, dass das ja ein tolles Modell sei und wir bei AOE das mit 100 Leuten ja noch locker machen können. Es würde sich aber schlagartige ändern, wenn wir doppelt so viele Leute wären. Heute sind wir 300 Mitarbeiter und es funktioniert besser denn je.

Und wir sehen nicht, warum es auch bei 600 Mitarbeitern nicht funktionieren sollte. Im Gegenteil. Da wir kein Mittelmanagement haben, ist es viel einfacher zu wachsen, da ein Teil der «Strukturen» nicht mitwachsen muss, weil es eben diesen Teil der «Strukturen» gar nicht gibt.

Management ist die Supportabteilung der Belegschaft

In einer solchen Unternehmung muss sich das Selbstverständnis des Managements wandeln. Während in klassischen Unternehmen sich Managementteams als Lenker und Leader verstehen, ist das Management in agilen Unternehmen etwas banal ausgedrückt die Supportabteilung der Belegschaft. Seine Aufgabe ist es, immer dann den Mitarbeiter weiter zu helfen, wenn diese nicht weiterkommen. Natürlich muss das Management auch gewisse juristische Aufgaben wahrnehmen. Im Vordergrund steht aber das Konzept des «Servant Leaderships».

Damit das gelingt, muss auch der Stil geändert werden. Leute aus dem Management müssen präsent sein, einfach im Zugriff und locker im Umgang. Kein wochenlanges Warten auf einen Termin, keine Audienz-Kulte, keine Überarbeitung und pausenlose Telefonate, sondern für die Mitarbeiter da sein.

Der CEO ein Auslaufmodell?

Als logische Konsequenz der agilen Organisationsentwicklung wird auch die Rollenverteilung im Management obsolet. Eigentlich sollte es einfach ein weiteres Team sein. Trotzdem gibt es Unterschiede.

Zum einen ist die Rolle des CEO für die Außenwirkung extrem wichtig. Ein CEO repräsentiert die Unternehmung gegen außen und sollte permanent seine Geschichte erzählen.

Was aber in der Tat eine mögliche Weiterentwicklung wäre, ist, dass verschiedene Personen aus dem Unternehmen beginnen, diese Repräsentationsfunktionen wahrzunehmen. Zum Beispiel ein Kreis von 5 Personen, welche alle in verschiedenen Bereichen entsprechende Kompetenzen und Glaubwürdigkeit besitzen, um die Firma gegen außen zu vertreten. Das müssen mitnichten die Mitglieder des Managementteams sein. Können es aber natürlich sehr wohl auch.

Ich denke und erlebe, dass das Agile Unternehmen als Organisationsform enorme Vorteile bietet. Wenn ich den Output, die Wandlungsfähigkeit und die Geschwindigkeit solcher Unternehmen mit traditionell organisierten Firmen vergleiche, stelle ich fest, dass sie diesen fundamental überlegen sind. Es stehen vielleicht auf den ersten Blick die kulturellen Vorteile im Vordergrund. Man sollte sich aber nicht täuschen lassen. Auch in Zahlen betrachtet ergeben sich drastische Kostenvorteile.

Fragen und Feedback erwünscht

An dieser Stelle möchte ich alle Interessierten ermuntern Fragen oder Anmerkungen möglichst schnell einzuliefern. Eventuell mache ich damit bald eine kleine Frage & Antwort Session. Sicher aber beantworte ich alle Fragen individuell.

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