Fintech ist eines der aktuellen Schlagworte in der Digitalen Transformation. Während Europa, hauptsächlich durch die Regulierung gebremst, der Entwicklung in den vereinigten Staaten hinterher hinkt, werden Angebote und Innovationen hauptsächlich von neuen Anbietern erwartet. Wer aber ausschließlich darauf setzt, hat die Rechnung ohne die klassischen Banken gemacht. Die bringen sich gerade in Position, um nachzuziehen.
(Lesedauer: 4 Minuten)
Die Finanzindustrie steckt, gerade auch in der Schweiz, in einem gewaltigen Veränderungsprozess. Bewährte Geschäftsmodelle tragen sich zunehmend aus und immense regulatorische Anforderungen zwingen die Unternehmen produktiver zu werden. Zudem verändert sich das Marktumfeld im Rahmen der Digitalen Transformation grundlegend.
Die Kantonalbanken in der Schweiz sind zum Teil vergleichbar mit den Sparkassen in Deutschland. Es sind regional verankerte Banken, welche in der Regel über Staatsgarantien verfügen und in der Bevölkerung breite Akzeptanz finden. Sie sind in der Wahrnehmung also eher traditionelle, behäbige Institute, wo zum Beispiel eine Hypothekar-Finanzierung ganz gern mal noch mit Taschenrechner und Papier durchgerechnet wird.
Umso mehr erstaunte es daher, dass die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) im Dezember als erste Bank in der Schweiz eine eigene Crowdfunding-Plattform realisierte. Im April wurde dann zudem bekannt, dass die Zürcher Kantonalbank bereits eine App für die Apple Watch entwickelt hat. Diese Initiativen zeigen, dass die eher kleineren und mittelgroßen Player im Stande sind, Innovationen und Initiativen zu entwickeln.
Ich konnte mit Thomas Bieri, Projektleiter im Digitalen Bereich bei BLKB, kurz über die Entstehung, die Erfahrungen und weiteren Pläne der Crowdfunding-Plattform sprechen:
Thomas, beschreibe bitte kurz was Eure Plattform „miteinander-erfolgreich.ch“ genau macht?
Die Plattform miteinander-erfolgreich.ch ermöglicht vielen Menschen Projekte und Ideen, zusammen mit anderen zu finanzieren und damit zu realisieren. Die Plattform funktioniert nach dem Prinzip „all or nothing“. Wenn ein Projekt das Finanzierungsziel nicht erreicht, kommt das Projekt nicht zustande und die getätigten Einzahlungen werden wieder an die Unterstützer zurückvergütet.
Jetzt ist die BLKB nicht gerade bekannt für Innovationen im Digitalen Bereich und sticht dabei unter den Kantonalbanken nicht negativ hervor. Viele Dienstleistungen können nicht online angefragt, geschweige denn online bezogen werden. Warum jetzt dieser Vorstoss mit einem Projekt, das im europäischen Raum durchaus eine Vorreiterrolle einnimmt?
Da muss ich widersprechen… Wir waren die erste Bank, welche die E-Hypothek lancierte (Zusammenarbeit mit Swissquote), waren eine der ersten Banken, welche aktiv Social Media betrieb und unser Online-Geschäftsbericht kommt auch sehr digital daher: http://gb.blkb.ch/live/. Dies zeigt unsere Innovationskraft im digitalen Bereich.
Woher kommt die firmeninterne Motivation für dieses Projekt? War es schwierig, das Senior Management von der Idee zu überzeugen?
Wir haben eine „Innovation Factory“, welche genau solche Innovationen prüft und zur Umsetzung dem Management vorschlägt. Diese waren von der Innovation „Crowdfunding“ sehr schnell überzeugt und das Projekt konnte gestartet und umgesetzt werden.
Als ich von miteinander-erfolgreich.ch hörte, dachte ich, das ist clever: Nun kann die BLKB bei negativen Kreditentscheiden für Firmen alternative Finanzierungsformen anbieten und den Kunden trotzdem bei sich halten und weiterentwickeln. Sieht man sich die Medienmitteilung oder auch die Website der BLKB an, scheint miteinander-erfolgreich.ch jedoch ausschliesslich auf Privatkunden abzuzielen. Was ist die Überlegung dahinter?
Der Reward-Teil (Sponsoring) ist auf private Geldgeber ausgerichtet. Projekte einreichen können auch Vereine, Stiftungen, Unternehmen, Startups, etc. Natürlich kann ein Kunde, welcher von uns z.B. keinen Kredit erhalten hat, sein Projekt auf der Plattform veröffentlichen, wenn es den Richtlinien entspricht. Wenn er genügend Geldgeber findet, umso besser.
Was ist der Business-Case dahinter? Was wurde bei der Evaluation des Returns an Werten monetarisiert?
Wir haben einen Business Case gerechnet, dieser zeigt, dass wir den Break-Even in ein paar Jahren schaffen werden.
Die 8 momentan laufenden Projekte sind gut und recht, so richtig spektakuläre und innovative sind noch keine dabei. Fährt ihr jetzt zuerst eine Pilotphase und nachher werden die notwendigen Marketingbudgets alloziert? Wie sieht die Planung aus?
Mit unserem Start im Dezember 2014 haben wir zusammen mit Swisscom (technischer Partner /Anbieter der Hard- / Software) den Launch vermarktet. Wir sind im Know How-Ausbau und in der Festigung der Betriebsstrukturen für den Bereich Crowdfunding. Verschiedene Marketingmassnahmen sind in diesem Jahr geplant. Mit der Einführung von Crowdlending Mitte 2015 werden wir weitere Aktivitäten starten.
In den Bedingungen wird erwähnt, dass ein Unterstützer über mehrere Projekte nur CHF 3’000.– leisten darf. Diese Regelung macht die Plattform gerade auch für gewerbliche Unterstützer über pro bono hinaus eher unattraktiv. Warum habt Ihr das so ausgestaltet?
Regulatorische Herausforderungen im Bankenbereich haben uns zu dieser Einschränkung bewogen. Wir müssen viele Regeln einhalten, damit wir als Bank eine Crowdfunding-Plattform betreiben können.
Wie waren die Reaktionen von anderen Bankinstituten?
Unsere Engagement bei Crowdfunding stösst bei vielen Banken auf grosses Interesse. Insbesondere der Bereich Lending, da dies eine ziemlich hohe Komplexität in Bezug auf die regulatorischen Herausforderungen und der Reputation beinhaltet.
Wie siehst Du die Zukunft von miteinander-erfolgreich.ch?
Wir wollen weiter wachsen und unsere Plattform weiter ausbauen. Mit der Einführung von Lending werden wir einen weiteren wichtigen Schritt machen. Es gibt noch weitere Möglichkeiten, da sind wir in der Evaluation.
Sind weitere Projekte in Aussicht? Hat die BLKB eine Digitalisierungs-Roadmap?
Wir haben viele innovative Projekte in der Pipeline. Da kann ich Dir leider keine weiteren Details liefern. Wir wollen uns weiterhin als innovative Bank im Markt positionieren und den Wandel der klassischen Bankaktivitäten auf elektronische Plattformen aktiv mitgestalten.
Thomas, vielen Dank für das kurze Interview.
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