Ich treffe das diese Tage oft an: Geschäftsleiter XY hat erkannt, dass er in seinem Betrieb etwas verändern muss. Zwar sind die Unternehmenszahlen ganz ok, es ist aber offensichtlich, dass sich das Marktumfeld digitalisiert und das Angebot seiner Firma langsam aber sicher nicht mehr ganz den Nerv der Kunden trifft. Eine klassische Ausgangssituation für eine bewusste Digitale Transformation des Business. Doch wo beginnen? Ein paar Tipps.
(Lesedauer: 5 Minuten – English version here)
Ja… Wo beginnen? Folgende Tipps richten sich an Unternehmensleiter.
Schritt 1: Beginnen Sie bei sich selber
Machen Sie eine einfache persönliche Übung. Schliessen Sie sich für einen halben Tag weg und überlegen Sie sich genau, ob Sie bereit sind, umfassende und grundlegende Änderungen im Unternehmen vorzunehmen. Wo stehen Sie persönlich? Wollen Sie Chancen wahrnehmen und in diese investieren? Sind Sie bereit, Ihre Mitarbeiter in neue Gebiete zu führen, sie aus der Comfort-Zone zu holen? Haben Sie noch die Kraft, Wandel voranzubringen? Diese Fragen gewinnen mit zunehmendem Alter an Gewicht. Können Sie diese Fragen für sich nicht positiv beantworten, sollten Sie nicht weitergehen. So hart das tönen mag: Sie stehen der Unternehmung im Weg und Sie setzen gewissermassen persönliche Interessen über jene der Unternehmung. Da Sie die Digitale Transformation nicht delegieren können, ist es Zeit Ihre Rolle grundsätzlich zu überdenken und entsprechend zu handeln. Beantworten Sie die Fragen mit Ja, können sie zu Schritt 2 gehen.
Schritt 2: Unternehmenskultur
Wie ist Ihre Führungsmannschaft aufgestellt? Ist digitale Kompetenz und Intrapreneurship in den Köpfen und Herzen Ihrer Leute vorhanden? Sind diese Leute drehfreudig und fühlen sie sich Ihren Kunden verpflichtet? Wenn ja, wird Ihr Management nur darauf warten, dass Sie den Wandel endlich anstossen. Wenn nicht, wird es Zeit Ihr Führungsteam anzupassen. Nur eine innovative und wandlungsbereite Geschäftsleitung kann im Unternehmen eine entsprechende, zukunftsgerichtete Kultur etablieren. Verzichten Sie dabei auf „Feel-me-touch-me“-Seminare, sondern leben Sie einfach vor, wie das geht. In der Kommunikation, in der Art und der Geschwindigkeit des Handelns. Nach 3 Monaten ist bei den meisten mittelgrossen Unternehmen schon viel erreicht. Wecken Sie eine Aufbruchstimmung. Die meisten Mitarbeiter haben zwar Angst vor dem Wandel, wenn dieser aber positiv annotiert ist, schwingt da auch viel Hoffnung auf Besserung mit. Dies gilt es mitzunehmen. Eine weitere Möglichkeit ist die Einstellung eines Chief Digital Officers oder der Einkauf eines solchen im Mandat.
Schritt 3: Wiederstehen Sie den Versuchungen
Wiederstehen Sie folgenden reflexartigen Versuchungen:
- > Wir müssen nun unbedingt sofort Online verkaufen.
> Unsere Website muss so schnell wie möglich relaunched werden.
> Facebook Page & Twitter Account, JETZT!
> Wir brauchen doch keine gedruckten Prospekte mehr.
> Responsive Web Version for the win!
> Multi- ach ne warte, Omnichannel.
> Ich kenne da diese Webagentur, die machen das alles für uns und die können alles (und der grosse Bruder davon: „Der Sohn meines Kollegen kann ganz tolle Dinge im Web programmieren“).
Es wird soviel geschrieben und „betrended“. Das Perfide ist, dass nicht alles komplett falsch ist. Nur sind das alles Teile aus dem digitalen Werkzeugkasten. Bevor Sie jedoch ein Werkzeug wählen und einsetzen, müssen Sie wissen, was Sie genau bauen möchten. Und eine strukturierte Vorstellung der Lösungen wäre auch sehr hilfreich. Ich denke und hoffe für Sie, Ihr Budget ist begrenzt und sie müssen das Geld zielgerichtet investieren.
Schritt 4: Auf die Kunden hören
Bei der Digitalen Transformation ist die Adaption der Technologie durch die User massgebend. Es geht darum herauszufinden, wie IHRE Kunden digitale Angebote einsetzen. Nicht darum was technisch alles verfügbar und nutzbar ist. Gehen Sie also hinaus zu Ihren Kunden. Sprechen Sie mit ihnen. Konkret: Was kann man verbessern? Wo könnte man digitale Kanäle und Instrumente einsetzen. Was am Bestehenden finden sie gut? Die meisten Kunden sind sehr offen und hilfsbereit. Besonders die langjährigen. Werten Sie die Antworten aus und erstellen Sie eine Prioritätenliste.
Schritt 5: Setzen Sie diese Prioritäten auf eine Zeitachse
Setzen Sie diese Prioritäten auf eine möglichst kurze Zeitachse. Fügen Sie dieser Zeitachse und den Items die Dimensionen Ziele, Mittel und Verfahren hinzu. Versuchen Sie alles auf maximal 10 Seiten festzuhalten.
Schritt 6: Beginnen Sie mit Prio 1
Beginnen Sie nun mit Prio 1. Je nachdem was dieser erste Task ist, benötigen Sie eventuell eine Agentur, eine interne Prozessumstellung, ein neues Produkt etc. Versuchen Sie dieses Item schnell und in guter Qualität umzusetzen, verzichten Sie jedoch bewusst darauf, alles fertig zu machen, bevor Sie damit wieder auf die Kunden zugehen. Lancieren Sie lieber früh, seien Sie kulant wenn Dinge schieflaufen und optimieren Sie laufend. Machen Sie kleine Schritte. Bleiben Sie agil und wendig. Haben Sie Mut zu scheitern und lernen Sie permanent daraus.
Viele Transformationsanstrengungen gelingen nicht, weil nicht nach diesen 6 Schritten vorgegangen wird. Stattdessen werden einfach entweder halbherzig oder/und ziellos irgendwelche Projekte umgesetzt und die falschen Prioritäten gesetzt. Vereinzelt wird auch voller Elan und Leidenschaft das komplett falsche umgesetzt. Auch das Buzzwording des digitalen Berufsstandes tut so das seinige dazu. Hören Sie nicht zu stark darauf. Hören Sie auf Ihre Kunden. Sie können und werden damit nicht falsch liegen.
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Eine Antwort auf „Digitale Transformation: Wo beginnen?“
Dein Artikel spricht mir aus der Seele. Sehr gut auf den Punkt gebracht.