Agilität ist das Gebet Gebot der Stunde. Mein Artikel „Unternehmensmodell des Digitalen Zeitalters: Das Agile Unternehmen!“ ist einer der meistgelesenen und ich erhalte am laufenden Band Fragen dazu. Eine Frage, die ich in den letzten Wochen oft gestellt bekommen habe, ist: Wie und wo starte ich die Verwandlung unseres Unternehmens.
(Lesedauer: 4 Minuten)
KMU
Interessanterweise waren die Leute, welche sich mit mir austauschten alles Vertreter von kleineren Firmen. Die grösste Unternehmung hatte knapp 50 Mitarbeiter. Die kleinste 18. Das ist interessant, wie ich finde. Denn die Vorteile eines Agilen Unternehmens schlagen bei grösseren Firmen weit besser durch als bei kleinen.
Warum ein Agiles Unternehmen
Dass das «First principle» um ein Agiles Unternehmen zu werden, der exponentielle technologische Fortschritt ist, musste ich keinem erklären. Erstaunlich klar waren da die Vorstellungen und Einstellungen der Firmenvertreter. Die strategische Baseline ist grundsätzlich klar. Davon können gerade Vertreter von Mittelständlern noch einiges lernen.
Daneben gibt es offenbar aber auch andere Gründe, Gründe die «softer» sind. So haben zum Beispiel zwei Gesprächspartner geäußert, dass sie über die Zeit als Unternehmen gewachsen seien und viele Strukturen eingeführt hätten, welche sie mittlerweile eigentlich mehr behindern, als dass es Ihnen etwas bringen würde.
Sie vermissten das direkte Arbeiten, das gemeinschaftliche der Anfangsphase des Unternehmens. Sie vermissten die Geschwindigkeit, Dinge umsetzen zu können. Den Spaß.
Dass das so ist, ist nicht weiter erstaunlich, wenn man rein hört, wie sich manche kleine Unternehmen strukturieren. Da gibt es in einem 3-er Team schon mal einen Teamleiter, der das volle Vorgesetztenprogramm inkl. Serien-Weekly-Meetings, Bewertungsgespräche, Reporting etc. durchzieht. Kein Wunder, dass das keinen Spaß mehr macht.
Lars Vollmer schreibt in seinem Buch «Zurück an die Arbeit», dass die Wirtschaft doch das «Business-Theater», wie er das nennt, weglassen und sich wieder an die Arbeit machen soll. Auch wenn ich das Buch einen Tick zu polemisch finde und das alles nicht so eng sehe, hat er in den Grundzügen doch recht. Auch in Bezug auf solch kleine Unternehmen. Denn ein Team mit 3 Leuten ist kein Team, sondern einfach 3 Leute die zusammenarbeiten. Es braucht keine Führung, keinen Häuptling, sondern es sind einfach drei Leute, die zusammen arbeiten.
Wie entstand der Wunsch zum Wandel zum Agilen Unternehmen
Bei allen 4 Unternehmen ging der Impuls hin zum Agilen Unternehmen von der Führung aus. Bei zwei Unternehmen aus dem operativen Management. Bei den restlichen zwei sogar aus dem Aufsichtsrat. Offen gestanden erstaunt mich das nicht sonderlich. Ich denke, dass das Agile Unternehmen so langsam an der Schwelle zum Hype steht. Entsprechend groß ist das Interesse.
Dass dieser Veränderungswunsch sozusagen «von oben herab» kommt, macht die Sache nicht gerade einfacher. Denn das heisst, Wandel wird verordnet. Gerade in Organisationen, die dieses Superstrukturierte als Teil Ihrer Kultur sehen, wird es natürlich schwer, um die Ecke zu kommen und sozusagen von einem auf den anderen Tag zu sagen: «Suprise, Surprise, wir werden jetzt agil. Vergesst unsere Regeln Leuts.»
Besonders schwierig wird das, wenn auch finanzielle Abhängigkeiten bestehen. So zum Beispiel, wenn Boni und andere Sonderleistungen an Projekt- und/oder Produktivitäts-KPIs gehängt werden. Das sind Systeme, die im Agilen Unternehmen nicht funktionieren. Das Problem ist jedoch, dass die Mitarbeiter sich über Jahre an diese Zahlungen gewohnt haben. Ein Zurück scheint unmöglich.
Daher geht mit dem Wandel zum Agilen Unternehmen meist auch eine Bereinigung der Lohnstruktur einher. Und weil Löhne bekanntlich nie, wirklich gar nie, gesenkt werden, heißt das erstmal Mehrkosten budgetieren. Ein wunderbarer Lackmus-Test für die Unternehmensführung, um ihren echten Wandlungswillen zu prüfen.
Wo also beginnen?
In kleinen Unternehmen gibt es eigentlich nur einen Weg, um eine Entwicklung zum Agilen Unternehmen anzustoßen: Das Team soll es selber machen.
Das tönt natürlich erstmal nach Chaos und ohne geschickte Heranführung ist es, das Chaos, auch vorprogrammiert. Was ist also ein guter Weg?
Alle 4 Unternehmen mit denen ich sprach, haben einen «Projektleiter», einen «Owner» für diesen Change bestimmt. Der soll vorbereiten und die Agile Organisation einführen. Ich denke das ist gefährlich, als könnte einer von außen einen so tiefgreifenden Wandel voranbringen.
«Der erste Schritt zum Agilen Unternehmen ist, sämtliche Verantwortung ins Team zu geben. Bedingungslos.»
Mein Rat ist daher, dass die Rolle des «Owners» eine Rolle des Botschafters wird. Das heißt, er stellt den Mitarbeitern über längere Zeit die Organisationsform des Agilen Unternehmens vor, beleuchtet Details. Ich denke alle 2 Wochen eine Stunde über 3-4 Monate ist zielführend. Die Idee dahinter ist, dass die Mitarbeiter ein Gefühl dafür bekommen, was das für sie sein könnte.
Der Schlüssel liegt darin, die Mitarbeiter am Ende dieser Einführungs- und Orientierungsperiode selber entscheiden zu lassen, ob sie diese Organisationsform übernehmen wollen. Und wenn sie sich dafür entscheiden, sollten sie es auch komplett selbstbestimmt einführen. Das Management sollte ab dem Zeitpunkt in die Rolle des Organisationssupporters kommen.
So stellen sie sicher, dass die Mitarbeiter vom ersten Tag an verstanden haben, dass es darum geht, selbständig im Team zu funktionieren. Und dass sie eben das Vertrauen des Managements genießen. Das gibt zum einen mehr Gestaltungsfreiheit. Zum anderen aber auch Verantwortung. Gute, engagierte Mitarbeiter wollen in der Regel beides.
«Was ist, wenn die das nicht wollen?»
Ganz einfach: Umso besser. Denn ziemlich blöd wäre, wenn Sie als Führungsperson quasi per Dekret den Umbau in ein Agiles Unternehmen verordnen und dann auf dem Weg dahin feststellen müssen, dass die Menschen das nur machen, weil sie müssen und es halt eben auch nur «by the Books» oder halbherzig tun.
Das Resultat wird verheerend sein: Nicht nur dass Sie viel Geld und Zeit verwendet haben, ohne etwas daraus zu gewinnen, nein. Es wird auch in der Belegschaft eine große Verunsicherung entstehen.
Indem Sie also von Anfang an die Entscheidung ganz ins Team geben, sparen Sie sich ziemlich viel Ärger. Wenn das Team nicht will, à la Bonheur, dann halt nicht. Dann ist es zuerst Zeit mit den Mitarbeitern zu arbeiten und es entsprechend anders aufzustellen. Und es dann nochmals zu versuchen. Es gibt bekanntlich keine Abkürzungen auf Wegen nach Orten, an die es sich lohnt zu gehen.
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