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CMS Digitalindustrie

5 grundsätzliche Strategien für CMS Hersteller!

Am TYPO3 Camp in Venlo vor 2 Wochen hatte ich einen Vortrag zum Thema „State of the CMS Industry – Wohin geht die Reise?“. Gewissermassen war dies eine Fortsetzung des Talks der T3Con von letztem Herbst. Damals hatte ich die Entwicklung der CMS Industrie und deren Player eingeschätzt und bin zum Schluss gekommen, dass es wohl so nicht einfach weiter geht. Wirkliche Handlungsempfehlungen gab es damals von mir keine. Mehr so generelle, vage Direktiven. In Venlo habe ich daran angeknüpft und 5 grundsätzliche mögliche Strategien für CMS-Vendors erläutert.

(Lesedauer: 4 Minuten)

Keine dieser Strategien ist neu oder bahnbrechend. Aber es wird in der Diskussion um führende Content Management Systeme immer sehr viel durcheinander gebracht. Teilweise denke ich, sind die Strategien auch viel zu komplex angedacht. Darum hier ein paar simple einfache Strategien mit Beispielen.

„Big Fish in a Small Pond“

Das Konzept ist keinesfalls neu und wird in der Software Industrie mehrfach erfolgreich angewandt. Statt sich einen riesigen Markt zu suchen, konzentriert man sich auf eine Nische und versucht die Anforderungen dieser Nische, so gut wie möglich zu bedienen. Typische Beispiele sind Anbieter, die nur auf eine Branche fokussieren. Auf dem globalen Parkett gibt es wenig Anbieter, die das machen, warum genau weiß ich eigentlich auch nicht (bitte belehrt mich). In der Schweiz gibt es ein gutes Beispiel einer Firma, die sich nur auf den öffentlichen Bereich spezialisiert hat (www.i-web.ch). Deren auf die öffentlichen Verwaltungen zugeschnittenes CMS deckt diese spezifischen Anforderungen optimal ab. Die Softwareprodukte skalieren mit der steigenden Kundenzahl gut mit und es ist für eher generalistische Agenturen oft schwierig in Bezug auf Preis-/Leistung mitzuhalten. Mit dieser Strategie kann man in einer Nische so gut werden, dass andere, breit aufgestellte Anbieter keine grosse Konkurrenz darstellen.

„Swiss Army Knife“

Die Swiss Army Knife Strategie setzt voraus, dass man ein Produkt hat, welches alle Anforderungen, die aufkommen, möglichst gut abdecken kann. So viele Kandidaten gibt es in diesem Bereich nicht. Es sind eher Urgesteine der Branche.

We consider the product to be feature-complete!

Mathias Schreiber, Product Owner TYPO3 

Ein gutes Beispiel dafür ist TYPO3 CMS. Über Jahre gewachsen, mitgewachsen, bietet es heute eine schier unüberschaubare Anzahl von Funktionalität, die kleine bis sehr große Kunden unterstützt. Um mit solchen Systemen zu konkurrieren, sind enorme Investitionen ins Produkt notwendig. Das erhöht zum einen die Hürde für neue Konkurrenten. Auf der anderen Seite führt es auch zu einem „schweren“ Produkt, das gewisse Kunden in der Form gar nicht benötigen.

Platform Provider

Eine vielversprechende Strategie, die in den letzten Jahren aufgekommen ist, ist die Plattform Provider Strategie. Bei dieser fungiert das CMS als Fundament, um weitere Anwendungen und Adaptionen darauf laufen zu lassen. Der Trick und die Abstraktion zum Swiss Army Knife ist, dass einzelne Funktionsbereiche als Produkte angeboten ist. Ein gutes Beispiel dieser Strategie ist Drupal/Acquia. Dries schreibt dazu:

We’re going after a big dream to become the preferred platform for what has been called the „pivot point of many enterprise tech stacks“ — the technologies that permit organizations to deliver on the promises of exceptional digital customer experiences from an agile, open, resilient platform.

Dafür benötigt man ein solides Fundament, einen Core und verschiedene Zusatzelemente. Drupal/Acquia’s Trick ist dabei, dass dieses Fundament Open Source (Drupal) ist und die zusätzlichen Produkte Open Core. Die Marktzahlen geben dieser Strategie recht. Nicht zuletzt darum hat es Drupal/Acquia ganz nach vorne geschafft in den letzten Jahren.

Depend on Tech Stack

Ein weiteres tolles Beispiel für eine gute strategische Ausrichtung ist die „Depend on Tech Stack“ Strategie. Heisst, der Vendor setzt konsequent auf eine Technologie und hebt sich dadurch von der Konkurrenz ab. Ein sehr gutes Beispiel ist Magnolia, ein aufstrebender CMS-Hersteller aus Basel (Schweiz). Sie kombinieren Open Source mit Java. Das ist jetzt nicht komplett einzigartig, aber eben auch nicht wirklich verbreitet. Gerade im Bezug auf Konkurrenz wie HippoCMS oder Adobe Experience Manager, die auch auf dem Java Stack basieren, ist das ein grosser Vorteil. In grossen Unternehmen, etwa im Bank- und Versicherungssektor, ist Java der Standard. Auch diese Unternehmen möchten jedoch vermehrt auf Open Source/Open Core setzen und da kommt ihnen ein solcher Anbieter gerade recht. Ich habe schon oft mit Interessenten aus diesem Bereich solche Entscheide für Magnolia besprochen und immer war der Sachverhalt Java/OpenSource ein gewichtiger Faktor für die Produktentscheidung.

Natürlich ist eine solche Positionierung nicht Garant für den Markterfolg, sondern man muss auch in Bezug auf Anforderungen und User-Experience überzeugen können. Auch hier ist Magnolia mit dabei, sonst wären sie nicht erfolgreich.

„Feature Excellence“

Diese Strategie setzt darauf in einem Teilbereich der Applikation extraordinär gut zu sein. Beispiel dafür gibt es ganz viele. Ein nahe liegendes Beispiel ist Neos, das mit der Authoring-Experience neue Massstäbe setzt. Vendor die diese Strategien umsetzen, suchen ähnlich wie die „Big Fish small pond“-Vertreter auch in eine Nische, aber anstatt in eine Branchen-Nische zu gehen, wählen sie die Feature-Nische. Das ist insofern sehr clever, als, dass man so typische Probleme und Anforderungen lösen kann, ohne sich mit dem ganzen Rest der Funktionalität zu belasten. Das heißt am Beispiel von Neos, dass jeder der Content möglichst einfach und gut bearbeiten und handeln möchte, Neos evaluieren wird. Je breiter daher das Bedürfnis im Markt aufgestellt ist, umso mehr kann man im Markt damit erreichen.

Es gibt sicher weitere Strategien und die Liste ist keinesfalls abschließend. Und CMS entstehen jeden Tag neue. Leider oft ohne jeglichen strategischen Ansatz. Die Strategie für ein Produkt ist nicht alleine für den Erfolg verantwortlich, aber ohne geht es heute nicht mehr. Denn die Zeiten, in denen man einfach in den Markt hineinwachsen konnte, sind definitiv vorbei. Und das ist auch gut so.

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