Mein Einkaufsverhalten hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Am stärksten zeigt sich dies beim Einkauf von Lebensmitteln. Startpunkt dieser Veränderung war ein Samstagmorgen im Herbst 2012. Meine Frau und ich haben sich mit unseren kleinen Kindern (damals 3 und 1,5) an einem regnerischen Tag durch die Migros gekämpft, um die Wocheneinkäufe zu erledigen.
(Lesedauer: 6 Minuten)
Wieder Zuhause angekommen, machte ich mich daran, die 6 8 Einkaufstaschen zum Haus hinaufzuschleppen. Dies wäre nicht weiter problematisch. Man muss jedoch wissen, dass unser Haus rund 80 Meter Gehweg von der Garage entfernt ist. Der Weg hat Stufen und ist steil, weil das Gründstück in Hanglage steht. Da ich nicht mehr als 3 Taschen in einem Gang schaffe, musste ich den weg 3 Mal zurücklegen. Beim zweiten Gang musste ich, weil aus der Puste gekommen, eine kleine Pause einlegen und die Papiertüten abstellen. Der Regen wurde mittlerweile stärker. Als ich die Tüten wieder aufnehmen wollte, rissen zwei wegen des mittlerweile aufgeweichten Papiers und der gesamte Inhalt kullerte auf den Gehweg und teilweise unweigerlich unter das angrenzende Gebüsch. Da stand ich also… Im strömenden Regen, der halbe Einkauf vor mir auf dem Boden veteilt. Das war der Moment, in dem ich beschloss, dass ich das so nie wieder machen werde.
Eine Lösung musste her
Meine Frau und ich hatten verschiedene Varianten diskutiert, wie wir diese zeit- und nervenaufreibenden Einkäufe in Zukunft einfacher erledigen könnten. Den Einkauf nur an ein Familienmitglied (also mich) delegieren, statt mit der ganzen Familie zu gehen? Jemanden damit beauftragen? Das eine war, dass es extrem mühsam war, die Dinge hinaufzuschaffen, das andere war jedoch, jeden Samstag vormittag 2-3 h damit zu verbringen. Wir kamen schlussendlich darauf, wir könnten den ganzen Kram doch einfach bei LeShop bestellen. Die würden das dann hinaufschleppen und an die Haustüre bringen. Gesagt, getan und erstaunlicherweise funktionierte das ab dem ersten Tag zuverlässig.
Was hat sich seitdem geändert?
Seitdem verwenden wir auf den Wocheneinkauf im Schnitt eine halbe Stunde. Dies beinhaltet das Zusammenstellen der Artikelliste, die Bestellung bei LeShop und dem Einräumen der Artikel. Zeitersparnis mind. 2 Stunden. Sie denken jetzt sicher: So what, sind ja nur zwei Stunden. Rechnen Sie es aber bitte hoch. Das ist ein Tag im Monat resp. 11 Tage im Jahr (mind. 1 Monat sind wir im Urlaub). Die finanzfixierten in der Leserschaft dürfen für sich gerne auch noch die Opportunitätskosten berechnen. Alles in allem schon ein massiver Unterschied.
Was geht – was geht nicht?
Was sehr gut geht, sind die profanen Artikel, also Grundnahrungsmittel, Mineralwasser (auch wenn LeShop mein Lieblingsmineralwasser Eptinger noch nicht führt). Generell Artikel des täglichen Gebrauchs. Was nicht geht, ist z. Bsp. Frischfleich oder Käse. Da haben wir in unserem Ort Fachgeschäfte, die schlicht einfach unvergleichlich bessere Qualität liefern. Das sind jedoch Produkte, die wir auch vorher schon selten in der Migros bezogen haben. Ein weiteres Dilemma sind Eier. Irgendwie schafft man es einfach nicht, alle 15 Eier unbeschädigt zum Haus zu bringen. Es gibt Samstag morgen bei uns also öfter mal Spiegeleier zum Frühstück. War der Kurrier besonders unachtsam, kann das auch schon mal eine Familientortilla werden.
Die Konstellation „Familie mit verheiratetem Paar und Kindern“ (mittlerweile 3) ist jetzt nicht gerade die repräsentative Familiensituation. Der Wocheneinkauf (der auch eine gewisse Essensplanung voraussetzt) ist die Minderheit. Beutige Familien kaufen von Tag zu Tag ein. Dafür eignet sich LeShop wegen der Mindestbestellmenge von CHF 100.– nicht. Und dafür liefern sie auch zu wenig schnell.
Und das Soziale?
Bei der ersten Bestellung dachte ich mir, es wird da was wegfallen. Genauer betrachtet, zumindest ist das hier auf dem Land so, ist die grosse Mehrheit der Leute beim Einkauf aber missmutig, leicht grundgenervt, eher selten sah ich ein fröhliches Gesicht. Und die alten Schulkollegen, die man manchmal trifft, ja die habe ich seither nicht mehr getroffen. Auf der anderen Seite habe ich neue „Kollegen“ hinzubekommen. Unvergessen der Rastaman mit Dreadlocks bis zum Hosenbund, der im grössten SchneeRegentreiben eine besonders grosse Lieferung Wasser und Konserven hinaufgeschleppt hat und mich um 7:15 Uhr morgen mit „Hello my Brother“ begrüsste, mich abklatschte, sich wie ein kleines Kind gefreut hat, dass ich Abba Shant-I kenne, mich zur Verabschiedung umarmte und mich spontan zum Notting Hill Carneval einlud, als wäre das ganz allein seine Veranstaltung. Oder, sozusagen am anderen Ende Erfahrungsspanne, der Kurrier, der bei der zweiten Lieferung ein leises „immer diese scheiss Haus hier“ murmelte und auf meine Nachfrage hin präzisierte: „Für dich Haus schön und gut, für mich diese Haus scheisse, ich hasse“. Ich konnts ihm nicht verübeln, denn ich wusste ja ganz genau, wie mühsam das Hinaufschleppen ist. Zwischen diesen beiden Extremerfahrungen liegen unzählige zuverlässige, freundliche zuvorkommende Kontakte mit Leuten, die sich echt Mühe geben.
Was kann LeShop besser machen?
Zuerst einmal denke ich, muss LeShop etwas nicht besser machen: Die Logistik. In den zwei Jahren gab es genau einmal eine Lieferverzögerung, das heisst, ein Teil der Lieferung wurde erst am Montag statt am Samstag geliefert. Das Handling der Issue und der Service waren perfekt. Ich verlasse mich auch bei grösseren Einladungen, die ich doch ein paar mal im Jahr gebe, voll und ganz auf LeShop. Es funktioniert einfach.
Handlungsbedarf ist jedoch beim Shop selber. Wenn jeweils davon gesprochen wird, dass die Bestellungen über die App wieder mal so stark gewachsen seien, muss ich schmunzeln. Es ist kein Wunder, denn die Desktop Version ist einfach eine Zumutung. Ich verschone Sie mit all den Details. Besuchen Sie doch die Seite einfach selber mal und versuchen sie, ein Ihnen liebgewordenes Produkt zu suchen. Sagen wir z. Bsp. Kokosflocken (Hinweis: Doch das Produkt wird im Sortiment geführt). Die Suche ist dabei, egal ob in der App oder auf der Desktop-Version, der Tiefpunkt. Da fehlen Basics. Basics notabene, welche für LeShop direkt umsatzfördernd wären.
Von weiteren Features und Modellen ganz zu schweigen. Am Meisten würde mir persönlich eine Art in der Küche fest montierte kleine Scan-Station helfen, wo ich Artikel, die ich nachbestellen will, einfach vorbeiziehen und auf damit auf die Bestellliste setzen kann. Ein Use-Case, der wohl jede grosse Familie haben dürfte. Für ein solches „Private-POS“ würde ich sogar bezahlen. Ich könnte mir dadurch das Aufschreiben der zu bestellenden Produkte ersparen. Zwar kann ich die Artikel auch mit der App scannen. Das ist aber noch umständlicher, als auf Papier aufschreiben. Die Dinge gehen ja beim Kochen aus und nicht wenn man sich in Ruhe hinsetzt und das Smartphone in der Hand hat. Es gibt im ganzen Handling noch unzählige Möglichkeiten, den Prozess für den Kunden leaner und angenehmer zu gestalten.
Digital Transformation?
Was hat das Ganze mit der Digitalen Transformation zu tun? Natürlich, sind wir als Familie gerade jetzt in eine Situation gekommen, wo das alles durch die Kinder Sinn ergibt, aber darum geht es nicht. Mein eigenes Beispiel zeigt auf, dass die Motivation neue Technologie und Angebote zu nutzen aus dem Wille zur Lösung eines persönlichen Problems oder dem Willen das Leben einfacher zu gestalten, erwächst. Die Barriere dieses Angebot zu nutzen, muss genug tief sein. Das ist sie insbesondere seit es Tablets gibt und damit das Internet in die Küche und ins Wohnzimmer gebracht hat. Das hat das Aufgeben der Bestellung erheblich vereinfacht. Nur weil der Computer zu mir kommt und nicht ich zu ihm gehen muss. Unter dem Strich ist es schlicht die bessere Option unsere Lebensmittel zu besorgen, darum nutzen wir das. Und: Als ich nach ein paar Wochen meiner Mutter erzählte, dass wir nun so einkaufen, meinte sie, das sei wohl nichts mehr für sie. Nur um nach einer kurzen Denkpause anzufügen, dass sie, wenn ins Alter gekommen und nicht mehr so gut zu Fuss, ja auch so einkaufen könnte. Die Zeiten, in denen die Nutzung von digitalen Angeboten eine Glaubensfrage war, ist längst vorbei. Die Gesellschaft sucht sich den einfachsten Weg, ein gemütliches Leben zu führen. Momentan wird sie gerade von digitalen Angeboten unterstützt, bald werden wir schon viel mehr Technologie wie Robotik, Bionik, etc. sehen.
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Eine Antwort auf „2 Jahre LeShop: Ein Erfahrungsbericht“
Wow, herrlich geschrieben und so aussagekräftig, was die wohlwollende Haltung des Autors LeShop (und dem Leben) gegenüber angeht.
Kompliment und herzlichen Dank für diesen Einblick! Hilft mir als LeShop-Zögerin enorm weiter.
Alles Gute der einkaufenden Kleinfamilie und weiter so.
Schöne Grüsse Y. Speck