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Perpetual Disruption

Warum das Elektroauto den Verbrenner (und Mario Illien) ablösen wird.

Am 10.07.2016 erschien in der Schweizerischen Sonntagszeitung ein kurzer Artikel über Mario Illien mit der Überschrift «Tesla? Katastrophal für die Umwelt». Illien, der die Motorenentwicklung in der Formel 1 in den letzten Jahren wie kein anderer mitgeprägt hat, macht in diesem Artikel ein paar erstaunlich falsche Aussagen. Das ist nicht nur schade, sondern auch ein wenig peinlich für Mario Illien.

(Lesedauer: 5 Minuten)

Die «Illiens» debunked

Effizienz

Illien erwähnt, dass bei Elektroautos nur gerade 11% der Primärenergie im Wagen ankämen. Die Zahl ist komplett falsch und zu tief. Es sind in Deutschland mindestens 27% (Verluste: 55% Kraftwerk, Stand 2006, 6 % Netz, 12 % Ladung). Die direkten Motorenvergleiche spare ich Ihnen zum Selber-Googeln. Es sei nur so viel verraten, es gibt keinen einzigen Verbrennungsmotor, der effizienter ist als ein Elektromotor.

Sauber und grün

Doch Elektroautos sind sauber und grün. Auch Tesla. Es gibt unglaublich viele Studien und Erhebungen dazu. Man muss wahrlich kein Meister sein, um diese Rechnung selber anzustellen. Eine gute Stunde und Google reichen, um sich diese Rechnung selber zu machen.

Eine unglaublich umfangreiche, sachliche und detaillierte Aufstellung hat Martin Rotta erstellt. Sie ist insofern fair, als dass sie z. Bsp. Tesla auch mit Wagen niedriger Leistung vergleicht. Hier können Sie sich das PDF runterladen.

Vergleicht man das Tesla Model S 90D mit dem BMW 650 iX, welcher dieselben Fahrleistungen (4.4 sec 0-100) bringt, landen wir bei rund 19.5 kg CO2 im Vergleich zu 30.6 kg CO2 beim BMW. Die beiden Wagen sind hinsichtlich Größe, Gewicht, Ausstattung und Preis vergleichbar.

Martin Rotta schreibt in seinem ausführlichen Bericht: «Selbst mit dem kohlehaltigen, Deutschen Strom-Mix ist ein 400 PS Elektro-Tesla sauberer als ein 100 PS Benziner“. Rechnen Sie es ruhig nach, lesen Sie die umfangreichen Quellenverweise. Ich habe nichts Unstimmiges finden können. Der Spiegel kommt in seinen Recherchen zu einem ganz ähnlichen Ergebnis.

Witzigerweise verbessert sich diese Bilanz selbst mit den Kraftwerken laufend, denn auch sie werden effizienter. Gegenüber 1990 hatten deutsche Kraftwerke 29% weniger CO2 ausgestoßen. Die Forschung auf diesem Gebiet bleibt denn auch nicht stecken, so dass weitere Verbesserungen zu erwarten sind.

Starke Magnete in Elektromotoren

Es ist richtig, dass in gewissen Gleichstrom-Elektromotoren & Synchron-Elektromotoren (Wechselstrom) starke Permanentmagnete verwendet werden. Die deutsche und französische Automobilindustrie macht das zum Teil noch (Wechselstrom-Synchronelektromotoren). Bei Tesla aber werden 4 polige 3-Phasen-Induktionsmotoren verwendet, die mit Wechselstrom laufen. Das macht wirtschaftlich, aber auch ökologisch Sinn, da diese Motoren eben keine Magnete benötigen. Das Prinzip des Wechselstrom Mehrphasen-Induktionsmotors wurde von Nikola Tesla erfunden. Darum heißt die Firma ja auch so. Tesla Motors Verdienst oder Weiterentwicklung dieser Technologie ist der digital steuerbare Inverter. Wer das im Detail nachlesen will, kann das hier gerne tun. Das ist, wenn man in der Antriebstechnik unterwegs ist, Basiswissen.

(Aufbau Antrieb Allrad Tesla Model S)

Urban Myth

Es sind diese Art von urbanen Legenden, die immer wieder propagiert werden. Sehr populär ist auch der Vergleich eines Tesla mit einem super kleinen Benziner. Oder die Kostendiskussion. Es ist halt so, dass man immer Äpfel mit Birnen vergleichen kann, wenn man ein gewisses Resultat produzieren möchte.

3 Punkte warum Elektroautos Verbrennern überlegen sind

1 CO2 – Emissionen

Wenn wir unser Klima retten wollen, müssen wir die CO2-Emissionen drastisch reduzieren. Der Anteil der direkten CO2-Emissionen für Transport liegt bei rund 14% des gesamten Ausstosses und ist ein guter Anfangspunkt. Die ganze Energiewende, also die komplette Abkehr von fossilen Brennstoffen, würde uns eine Reduktion um 45% bringen. In dem wir nun Elektroautos auf die Strasse bringen, lösen wir das Problem nicht. Aber es ist ein bedeutender erster Schritt in diese Richtung. Und ein Schritt, auf den der zweite in die dezentralisierte Stromerzeugung ganz praktikabel folgen. Das versucht Tesla abzubilden mit der vertikalen Integration resp. dem Kauf von SolarCity.

2 Leistung / Drehmoment

Elektrische Induktionsmotoren sind Verbrennungsmotoren in jeder Hinsicht überlegen. Durch den Wegfall der Notwendigkeit eines Getriebes kann die Antriebskraft unterbruchsfrei und entsprechend sanft dosiert, auf die Strasse gebracht werden. Darum ist das Fahrgefühl von Elektroautos fundamental besser. Zum einen bei großem Leistungsabruf. Zum anderen aber auch wenn es darum geht, das Fahrzeug nur ein paar Zentimeter zu bewegen. Es ist dieses Gefühl für Bewegung, welches fast alle Fahrer von Elektroautos quasi sofort begeistert. Eine vergleichbare Erfahrung ist mit einem Verbrenner nur unter erheblichem Technologieeinsatz möglich.

3 Strukturelle Kosten

Der Punkt, welcher der Elektromobilität aber zum Durchbruch verhelfen wird, sind die totalen Kosten. Das tönt aus heutiger Sicht ein wenig komisch, da die meisten Elektroautos noch relativ teuer sind. Der grösste Kostenanteil entfällt im Moment noch auf den Akku. Die Kosten für Akkus wurden in den letzten Jahren beträchtlich gesenkt und werden in den nächsten Jahren immer schneller sinken.

Das ist zum einen der vermehrten Forschung und zum anderen aber vor allem der Skalierung der Produktion zu verdanken. Ich warte nur darauf, wie lange es geht, bis wir darin ein Muster ähnlich dem des «Moores-Law» sehen werden. Und die Chance wird recht hoch sein, dass es dann «Musks-Law» genannt wird. Noch haben wir die physikalischen Voraussetzungen noch nicht, um einen entsprechenden «Grind-Down» wie in der Prozessorwelt in Angriff zu nehmen. Aber es wird werden.

Abgesehen vom Akku sind Elektroautos fundamental einfacher. Die Liste der Komponenten, die in einem Elektroauto nicht benötigt werden, ist lang: Getriebe, Schaltung, Abgasanlage, Tankanlage, Verbrennungsmotor, Schmiermittel etc. Das schlägt direkt auf den Anschaffungspreis aber auch die Unterhaltskosten durch.

Preisvorteil entscheidend

Der Preisvorteil ist insofern entscheidend, als dass durch die Veränderung der Mobilität durch autonome Fahrzeuge die Nutzung erheblich gesteigert wird. Der große Vorteil der autonomen Fahrzeuge ist der, dass wir dadurch die Transportleistung vom Fahrzeug-Eigentum entkoppeln können. Sprich weniger Fahrzeuge befördern mehr Personen.

Diese Fahrzeuge sind dann praktisch dauernd im Einsatz. Diese hohen Laufleistungen sind bereits jetzt eine Spezialität von Elektroautos. Moderne Lithium-Ionen-Batterien können bis zu 3000-Mal geladen werden. Die theoretische heutige Laufleistung wäre damit bei rund 1.2 Mio. Kilometer. Da so wenig bewegliche Teile im Elektroauto verbaut sind, können diese Kilometer mit minimalstem Wartungsaufwand runtergebrannt werden.

Elektroautos sind also entscheidend für den Wandel in eine individuelle Mobilität, welche auf autonomen Fahrzeugen beruht. Nur wer den Elektroantrieb im Griff hat, wird auch ein konkurrenzfähiges autonomes Fahrzeug anbieten respektive betreiben können.

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Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Blogparade Elektromobilität 2016 des Ingenieurversteher.de Blogs.

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12 Antworten auf „Warum das Elektroauto den Verbrenner (und Mario Illien) ablösen wird.“

Mit der betriebsenergie mag das ja sein. Aber illen hat auch die herstellung miteinbezogen, die hast du voll und ganz totgeschwiegen. Was ist mit dem raubbau an der natur zur herstellung der akku?

Also so ganz stimmt das nicht mit der Effizienzberechnung …
55% Effizienz im Kraftwerk gibts nur mit Gas – und dieses Gas fuer muss zuerst einige 1000 km durch pipelines (und moeglicherweise in Untergrundspeichern zwischengelagert werden) … fuer die notwendige Kompression kann man schon nochmal … 30 % Verlust einrechnen … (der Transport von Oel ist dagegen energietechnisch gesehen fast gratis: 1-2%)

… Strom aus Braunkohlekraftwerken hat aufgrund der niedrigeren erzielbaren Temperatur von vornherein nur einen Effizienz von 35 – 40 %

Dann fehlt in der Berrechnung, natuerlich auch der Wirkungsgrad des E-Motors – der ist ja auch nicht 100% sondern eher 80 – 90% …

Also je nachdem ob der Strom aus einem Braunkohle oder Gaskraftwerk kommt und ob sie den Gastransport in pipelines einberechnen wollen …

sind sie bei ca. 12 – 22 % und damti deutlich schlechter als e.g.: ein Diesel oder Gasfahrzeug (40-42%)

Ich halte an meiner Darstellung fest. 55% sind die durchschnittlichen Wirkungsgrade für alle Wärmekraftwerke in Deutschland 2006. Seither gab es noch einiges an Verbesserungen, welche ich hier aber nicht ins Feld geführt habe.

Denkt mal über mechanische Leistung und elektrische Leistung im Zusammenhang mit den Elektro-Autos ohne das Getriebe nach.
Man fragt sich schon, woher diese Ignoranz kommt, zu behaupten, ein E-Antrieb ohne Getriebe sei effizient.
Ein E-Antrieb hat ohne Getriebe immer die Übersetzung 1:1. Das Drehmoment wird über den Strom erzeugt. Hoher Strom generiert ein hohes Drehmoment. Strom mal Spannung ergibt die elektrische Leistung.
Drehzahl mal Drehmoment mal (2*PI) durch 60 ergibt die mechanische Leistung. Zum Anfahren bei niederer Geschwindigkeit brauchts relativ wenig mechanische Leistung aber ein grosses Drehmoment und dieses Drehmoment generiert (wandelt) das Getriebe mit seiner Übersetzung.

Jetzt kommt noch das mit der Dauerleistung, auch so ein Thema. Schaut euch mal die Grösse der E-Motoren in Werkzeugmaschinen an, dann seht ihr schon, wie gross dann das Auto sein muss, wenns ein Antrieb mit 100 kW Dauerleistung sein soll.

Auf der anderen Seite ist dieses ganze Thema einfach komplett verlogen. Mit etwas gutem Willen brauchts nicht mehr als 30 kW Dauerleistung. Man muss nur dafürt sorgem, dass die Autos leichter werfden und das fängt schon mit der Antriebsachse an. Liegt der Antrieb an der Vorderachse, brauchts dort richtig viel Gewicht und dann wirds halt blöd, das un dem beengten Raum zwischen den einschlagenden Vorderrädern unterzubringen. Ohne diese Gewichtsverteilung drehen die Antriebsräder durch, weil das Antriebsmoment die Vorderachse entlastet und die Hinterachse belastet, ergo gehört die Antriebsachse nach hinten.
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Sie sind in Ihrem Artikel wichtigen technischen Punkten auf den Grund gegangen. Danke dafür.
Eine Anmerkung habe ich aber: Sie vergleichen den Wirkungsgrad eines Benzinmotors mit dem Wirkungsgrad eines Elektromotors.
Im Benzin-Auto ist der Motor die Kraftquelle. Im Elektroauto ist der Motor die Kraftübertragung. Kraftquelle ist der Akku. Er erzeugt die elektromotorische Kraft.
Es gibt Schiffe und Lokomotiven mit Dieselmotor oder Dampfturbine, die als Kraftübertragung statt Getriebe und Kupplung eine Kombination aus Dynamo und E-Motor verwenden.

Hallo Thomas, das stimmt nicht ganz was zu da schreibst.

Die Kraftquelle – sprich Energiequelle ist beim ICE der Treibstoff. Dieser wird im Motor mit durchschn. ca. 10-15% Wirkungsgrad im Mechanische (Antriebs-) Energie umgewandelt.

Beim Elektroantrieb ist die Energiequelle die Batterie. Diese elektrische Energie wird dann im E-Motor mit 95%+ Wirkungsgrad in mechanische Energie umgewandelt.

In der Batterie gibt es keine Elektromotorische Kraft. Es findet in den Motoren lediglich eine Umwandlung von Chemischer bzw. Elektrischer Energie in mechanische & Wärme statt.

Hallo Alain,
wir haben sogar noch verbesserte Argumente durch Radnabenantrieb und Transversalflußmotoren und hier in Indien gibt es mit 300 Sonnentagen auch noch wirklich Chancen für weitere Benefits durch erneuerbare Energie und Aufladung. Aber das sind ja nur die krampfhaften Abwehrversuche der neuen Technologien, um den Machtverlust der Erdölindustrie und Hochfinanz zu minimieren. Außerdem werden die Weiter – Entwicklungen der Batterietechnologie in den kommenden Jahren die Wende noch weiter zu Gunsten der Elektrofahrzeuge verschieben.
Würde mich freuen auf weiteren Austausch und Kontakt.
Mfg
Christian Preinfalk

Wann die Elektromobilität die Verbrennungsmotoren ablösen wird, hat nicht nur mit dem technischen Fortschritt zu tun, sondern mit den staatlichen Rahmenbedingungen.

Damit sind nicht nur Kaufanreize gemeint, sondern vor allem auch die Schaffung bzw. Genehmigung einer brauchbaren Ladeinfrastruktur in Ballungsräumen.

Das scheint mir zumindest in Deutschland noch ein großes Problem zu sein, weil Staat/Länder und Kommunen hier überhaupt nicht verstärkt daran arbeiten.

Bei den Umweltverbänden wird das Auto noch immer als Staatsfeind No.1 wahrgenommen, den es auszulöschen gilt. Das passen Elektroautos, die innerstädtische Emissionen senken und die individuelle Mobilität sichern, nichts ins Konzept.

Den gesellschaftlichen Energieverbrauch durch weniger Verkehr zu senken hat für die Umweltverbände eine viel höhere Priorität als die innerstädtischen Emissionen durch den raschen Umstieg auf Elektroautos zu senken.

Ich halte dies für sehr bedauerlich. Erst wenn sich die staatliche Verkehrspolitik insbesondere auf kommunaler und Länderebene von diesem Mantra befreit hat, kann die E-Mobilität ihr Potential entfalten. In Deutschland scheint mir dies bei der Stärke der Grünen kurzfristig eher unwahrscheinlich.

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